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  • Autorenbildvolmar.schmid

... Walliserwäschwiiber!


Bild und Geschichte 32

Auf den ersten Blick könnte man meinen, die arme Frau müsse dort in der bitteren Kälte des Winters im Trog vor ihrem Haus die Wäsche waschen, dem ist aber nicht so! Wenn man das Bild genauer anschaut, stellt man fest, dass sie nur ein Käsetuch ausspült. Sie hat eben im dahinterliegenden Stall die Kühe gemolken, zur Reinlichkeit hat sie dieses Tüchlein ein paar Mal zusammengefaltet in den «Trachter» (Trichter) gelegt und dann die Milch aus dem gemolkenen Eimer ins «Milchchibji» geleert. – Ja, liebe Leute, manchmal irrt man sich! Die Wirklichkeit war nämlich viel schlimmer: den Frauen war es strickte untersagt, die Wäsche im vor dem Hause liegenden Trog zu waschen, der war für das Vieh und durfte unter keinen Umständen verschmutzt werden. Um die Wäsche zu spülen, mussten sie die Wäsche zum nächsten Graben schleppen, dort gab es fliessendes Wasser und die Männer hatten ihren Frauen dort grosszügig einen hölzernen Waschtrog hingestellt. In der Dischterra trugen sie ihre Wäsche, Sommer und Winter, im Blechzuber, nur knappe 200 Meter, hinüber in Sanggilli.

Beim Waschen gab es grundsätzlich drei Arbeitsgänge: Einweichen, Waschen, Spülen (he, he: habe ich auf meiner automatischen Waschmaschine abgelesen). Ursprünglich wurde mit Aschenlauge (Ph-Wert ähnlich wie Waschmittel um 10) gewaschen, dazu wurde die Wäsche mehrmals in einem grossen Bottich mit heisser Aschenlauge übergossen; die Aschenlauge wurde unten aufgefangen und wieder aufgeheizt; diesen Vorgang nannte man «Büüchu», in einigen Dörfern (z.B. Simpon-Dorf) stand den Frauen dazu ein eigenes Gebäude zur Verfügung, «ds Büüchhüss». Später verwendete man gekauftes Waschmittel. Die Wäsche wurde einem grossen Hafen, dem gleichen, in dem auch der Schweinefrass zubereitet oder die Gläser sterilisiert wurde, dem «Jüützer», gesotten, mit einer grossen Holzkelle gerührt, ausgewrungen und in einen Zuber gelegt. Jetzt gings zum Spülen, im Winter manchmal von dem 60 – 70 Grad warmen Wasser hinaus in die Kälte von minus 10 Grad zum fliessenden Wasser – da sage einer, die hätten keine Abwechslung gehabt. Am Bach wurde die Wäsche nun im Trog gespült, dann auf ein Brett geklopft, mit «Kernseiffa» eingeseift, erneut gespült und geklopft. War die Wäsche sauber genug, gings zurück zum Haus. Im Garten oder am Haus war eine Wäscheleine montiert, hier wurde sie zum Trocknen aufgehängt. Als Kind hat mich immer erstaunt, dass die Wäsche, obwohl bretterhart gefroren, trotzdem trocknete; sie wurde auch steif von der Leine genommen und wurde erst wieder in der warmen Wohnung zu formbarem Tuch – ja, von Verdunstungswärme habe ich damals noch nichts gewusst.

Mitte der Fünfziger haben sich vielerorts die Männer ihrer Frauen erbarmt und ihnen ein Waschhaus gebaut; das sind die potthässlichen Zementgebäude mit Flachdach, die man in verschiedenen alten Dorfkernen besichtigen kann (z.B Ausserberg in der Dischterra oder bei der Mühle oder in Visperterminen kurz vor der Abzweigung hinüber zur Kirche, rechts). Aber schon zwei drei Jahre später kamen die ersten Waschmaschinen, zuerst Halbautomaten, dann Vollautomaten. Aus dem «Wäschhüss» wurde flugs ein «Brähüss», die Männer nutzten es zum Schnaps brennen.

Natürlich wurde beim Waschen auch getratscht, die Frauen haben sich dort über ihre Alltagsfreuden und viel mehr über ihre Alltagssorgen ausgetauscht, aber es war wohl eher das schlechte Gewissen der Männer, die dem Begriff «Wäschwiip» diesen negativen Klang gab!

Schliessen möchte ich heute mit einem wunderschönen Zungenbrecher: «Wie wellti Walliserwäschwiiber wiissi Windle wäschu, wenn ds Wasser wiisse Wii weri?» vgl. https://www.walliserdialekt.ch/kinderverse

Bürchen, 3. Mai 20

Bildquelle: FB, Ursula Walser-Biffiger

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