Walliserspezialitäten 3
Auch heute rede ich nicht vom Essen. Bin ein Tschointwentschermit dem Maanu eingegangen: nimmt er zu, nehme ich auch zu; nimmt er ab – ach man kann die Zusammenarbeit auch übertreiben! Heute kann ich euch stolz verkünden, dass die Oberwalliser (zumindest die im unteren Teil) alles andere als mundfaul sind. Im Wandel vom Althochdeutschen zum Mittelhochdeutschen (um 1000 nach Chr.) hat sich der Vokalreichtum der Sprachen auf ein verflachtes «e» zurückgezogen, wenn wir das
Vokaldreieck anschauen, stellen wir fest, dass der kürzeste Weg eines Vokalwechsels immer zurück zum «e» führt. Sagte der Althochdeutsche noch «gigangu» sagt der Neuhochdeutsche «gegangen», diese «mundfaule» Entwicklung hat fast das ganze Deutsche mit seinen Dialekten mitgemacht: eben mit Ausnahme des westlichen Oberwallis, der Oberwalliser ist eben nicht mundfaul und sagt noch heute: gigangu, Maano, äss ischt no nit aller Tago Abunt – aber nicht nur weil die Gommini ggangesagen, wird ihnen manchmal von bösartigen Leuten nachgesagt, sie seien faul! (Vgl. https://www.walliserdialekt.ch/walliser-dialekt).
Oder doch nicht, denn, hören sie mal rein: https://www.youtube.com/watch?v=0sUQfBb1Adc
Haben sie es gehört: «Miis Wollis, miis wollis…»! Bei der Aussprache des «a» ist der Oberwalliser hinwiederum zu faul, den Mund genügend zu öffnen, so dass man eher ein «o» als ein «a» hört. Ja mit dem bühnendeutschen «a» haben wir es nun mal nicht. Aber halt, aufgepasst, das gilt nicht für alle Obewalliser, gehen sie nach Zermatt und hören sie dort ein offene, helles, richtig bühnendeutsches «a»: Zermààt, lassen sie sich das auf der Zunge zergehen! Die Enge im Tal scheint dem «a» gut zu tun, denn dasselbe treffen wir auch in Bààdu = Leukerbad an. Vgl. Sprachliche Eigenheiten: https://www.walliserdialekt.ch/die-zweiteilung).
Volmar Schmid, 14. 2. 2020
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