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  • Autorenbildvolmar.schmid

Miini Trilchhose


Bild und Geschichte 51

«Ratsch» bleibe ich an einem Nage hängen und schon wieder steht meine Hosen in einem hässlichen Winkel offen; hinten am rechten Arschbacken «lappot» (herunterhängen) ein handtellergrosser Winkel herunter. Ha, Mutter wird wieder mal «fuchtu» (schimpfen). Dieses Mal geht es glimpflich ab, denn ich war ja in ihrem Auftrag hinter dem ausgerissenen Kalb her. Ich gebe ihr die Hose und sie geht sie «ga blätzu» (mit einem Stofffetzen flicken). Ich soll inzwischen mir mal überlegen, wie lange es dauert, bis so ein Paar Hosen an meinen Arsch sitzen!

Gut, mach ich mal! Im Herbst «ze Fiertagu» kehrten die Schafe von der Alpe ins Dorf zurück, sie werden gewaschen und dann «gschoru» (geschoren), mit einer urtümlichen «Schaafscheeri» (Schafschehre) wird ihnen das Fell geschnitten, die Wolle wir gesammelt (ein Schaf gibt so ca. einen halben Kartoffelsack voll) und dann nochmals sorgfältig gewaschen. Dann musste man sie «Chaartu»; sie wurde mit zwei mit Nägeln bestückten Brettern zerfasert und damit entstand eine gleichmässige Wollmasse. Nun musste man die Wolle «spinnu» (spinnen). Mit dem Fuss trat man auf ein Pedal und das Schwungrad begann sich zu drehen, und mit viel grösserer Geschwindigkeit drehte sich daneben die Spindel, die lockere Wolle stak auf einem Ständer und die Mutter drehte mit ihren Fingern den Faden vor, der sich dann über die Spindel weiterdrehte und am Ende auf einer Rollspule aufgedreht wurde. Unglaublich faszinierend – verstanden habe ich es nie! (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Spinnrad). Die groben Fäden, das «Gaaru» (Garn) brauchte man zum Stricken von wunderbar wärmenden, aber furchtbar kratzenden «Triggini» (Pullover), aber für meine Hosen brauchte es feinen «Fado». Der kam dann zum «Wäbstüel» (Webstuhl), ein noch grösseres, geheimnisvolleres, faszinierenderes Gerät; hier wurde der Faden zu «Trilch» (Drillich, Zwillich) verwoben; ein schwerer, reissfester, aber auch kratzender Lodenstoff. Damit man aber dieses «Tüech» weiterverarbeiten konnte, musste es in die «Walchi» (Walke), hier wurde er so lange gestampft, bis es sich völlig verfilzt hatte und geschmeidig geworden war. (Ein Walke kann man im Sommer bei «Urchigs Terbil» in Betrieb sehen). Wann der Stoff oder das Garn gefärbt wurde, erinnere ich mich nicht mehr, oft beliess man einfach die Naturfarbe. Jetzt kam das Tuch nach Hause und meine Mutter schnitt die Hose zu, nähte sie dann mit der «Biezmaschiina» (Nähmaschine, meine Mutter hatte eine versenkbare, die konnte man zwischendurch als Tischchen für die Hausaufgaben nutzen), von Hand musste sie noch Knöpfe und Schlaufen annähen und fertig war meine Hose.

Inzwischen ist auch meine Hose geflickt, ich zieh sie an und auf geht’s, zum nächsten Riss!

Bürchen, 4. Juni, 20

Bildquelle: FB, Ursula Walser-Biffiger

PS. Wenn ich dem so nachspinne, wie das Spinnrad der Spinnerin surrend spinnt, sich das Rad und die Spindel unterschiedlich spinnend drehen, das Ganze Spinnen im Einzelnen fadenspinnend spinnt, nachspinnend spintisiere, bleibt mir eins: ich spinn!

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