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... Gwättaff!


Bild und Geschichte 33

«Müllaff, Chrüttaff, Teigaff, Gwättaff» so lieb haben wir unsere Kameraden manchmal betitelt und uns dabei keinen Deut um die Bedeutung, sondern vor allem um den Klang gekümmert: hei wie das tönte, «Müllaff, Chrüttaff, Teigaff, Gwättaff!», wie das in meinen Ohren klingt; aber wir meinten es nicht so ernst und um den Inhalt haben wir uns überhaupt nicht geschert.

Mit «Affen» bezeichnet man ein ungewohntes, nicht ganz menschenwürdiges Verhalten, «affig» halt! Maulaffe kannten wir vom Hochdeutschen z.B. «… Maulaffen feilhalten»; bedeutet herumlungern. Nun bin ich dem Wort etwas nachgegangen und stelle fest; «Maulaffe» ist eine Fehlübersetzung Luthers aus dem Niederdeutschen (Wir verdanken unser heutiges Hochdeutsch ja der Bibelübersetzung Luthers im 16. Jh., aber das ist hier nicht das Thema). Ein Maulaffe war ursprünglich ein Kienspanhalter. Um sich im Dunkeln zu leuchten und dabei die Hände frei zu halten, hat man sich einen brennenden Kienspan in den Mund gesteckt, der wurde dann durch einen Kienspanhalter in Gesichtsform mit offenem Mund, in den man den Kienspan stecken konnte, ersetzt: dem Maulaffen; er musste im Niederdeutschen das «mul apen» (Maul offen) halten, und da in der zweiten Lautverschiebung das «p» im Hochdeutschen zu «f, pf» wird, war der Maulaffe geboren.

Gehen wir nun zum «Chrütaff»: «Chrütt» (Kraut) bezeichnet etwas Minderwertiges, z. B. «Chrütt schriit nit lütt!» Ich habe nichts gegen Veganer, aber das sagten unsere Ahnen und meinten damit, nur mit «Kraut» (Spinat, Chrüttstila, Raafe, Riebli, Poretsch, Chabos, Boohne, Äärbis) kommst du nicht weit. Für die, die schwer Arbeiten mussten (das waren natürlich in der Regel die Männer), gab es an fleischlosen Tagen zusätzlich einen «Heering». Das «Chrütt» etwas minderwertiges bezeichnet, zeigt sich auch im Wort «Chrüttgagger». Es ist nicht einer, der «ins», sondern «nur» Kraut scheisst; so bezeichneten wir ganz despektierlich die Deutschschweizer, die «Grüezini».

Der «Teigaff» ist ein lautlicher Kontrapunkt zum «g, ch», in der Bedeutung kennen wir ihn besser als «Brootgöüch» oder als Teigmännchen und Brotpuppe. Heute finden wir diese Figuren nur noch zum «Nickolaus» oder «Ooschterhaso», aber früher hat die Mutter oft zur sonntäglichen «Tretscha» für uns Kinder daneben noch ein «Probiererli» in Form eines «Brootgöüchs» oder «Broottampa» gemacht; die beschimpfende Bedeutung liegt hier im Kleinen, also: «Teigaff», du bist zwar ein Affe, aber nur ein kleiner, minderwertiger.

Seht ihr, mit viel Phantasie gelingt jede Erklärung - fast jede, denn jetzt stosse ich beim «Gwättaff» echt an meine Grenzen. «Gwätt», ein typisches Walliser Wort, kommt von «wetten» = verbinden und bezeichnet die sich überkreuzende Eckverbindung im alpinen Blockbau. Es ist ein markantes Merkmal des Walliserhauses, und wird noch heute als zierendes Element auch im Ständer- oder verschalten Riegelbau verwendet. Nun nehme ich mal, aus dem Handgelenk heraus an, dass der «Gwättaff» auch ein Affe im obigen Sinne ist, aber ein ganz komplizierter, verstrickter, eben ein «verwetteter» Affe.

(Kopfschütteln!): … wele Müllaff, Chrütaff, Teigaff, Gwättaff! Nun: «… gebt dem Affen Zucker!»

Bürchen, 5. Mai, 20

Quelle: Volmar Schmid: Kleines Walliser Wörterbuch. Gebäude. Verlag Wir Walser, Brig, 2003

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