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Autorenbildvolmar.schmid

Burdinu

Bild und Geschichte


Heute möchte ich etwas über ds Burdinu erzählen. Ich höre schon jetzt eure Einwände: «Nei dass ischt falsch, nei dass macht mu a soo – der Göüch chunt ja nit druss!» Das höre ich immer, wenn ich etwas übers Walliserdeutsche oder die alten Bräuche, Handhaben, Arbeitsgänge … erzähle. Ihr habt ja recht, so wie ihr es macht, es sagt ist richtig, aber so wie ich es sage oder tue, ist es halt auch richtig: das Oberwallis ist nun mal nicht einheitlich und jeder soll es so machen oder sagen, wie es bei ihm gilt; das zeigt schon dieses Bild: zweimal geht es ums Burdinu, einmal in Ausserberg und einmal im Vispertal. Beide Male geht es aber um das gleiche: das trockene Heu wird zu einem Bündel zusammengebunden und dann auf dem Kopf in die Scheune getragen. Die Landwirtschaft, die wir bis zum Ende der 1950er in unseren Bergdörfern betrieben, war eine Tragwirtschaft: alles, was es zu transportieren gab, wurde auf dem Rücken getragen: vieles in der Tischifra (Mischt-, Löub-; Trägtschifra), sie war das allerwelts Transportmittel, daneben gab es aber noch spezielle Rückentraggeräte, wie z.B. das Räff für Holz, Käse oder Steinplatten und die Bränta für Trauben, d Mälchtra für Milch usw. Für Schwertransporten z.B. Baumaterialien oder Mist über weitere Strecken, ging man zum Fuhrhalter und lieh sich für einen oder mehrere Tage seine Mültini aus.

Kehr ich nun zum Burdinu zurück: die Wiesen wurden mit der Sense gemäht (darüber berichte ich ein andermal), d Made wurden ausgezettet (d.h. gleichmässig auf der Wiese ausgebreitet), dann liess man eine Seite von der Sonne trocknen und drehte (Cheerru) das Gras um. War aus dem Gras Heu geworden (wenn es trocken war), wurde es mit Rechen zusammengerechnet und aus dem Heu wurden Wischa gemacht. Beim Wischu wurde darauf geachtet, dass das Heu gleichmässig, parallel zu einem armvollen Bündel zusammengepresst wurde – das war die Arbeit der Hewwerinu. Jetzt kam der Hewwtregil (Heuträger) zum Einsatz; er legte ds Hewwseili am Boden aus (di Triegja oben, längs zum Hang) und belegte nun das Seil mit mehr oder weniger Wischa (hier zeigte sich der Machismo bei den jungen Männern, jeder wollte am meisten Wischa und die grösste Burdi in die Scheune tragen). Vernünftige Träger (und das wurden die meisten beim zweiten, dritten Mal) luden so gegen 12 Wischa. War das Fuder geladen, wurde nun das Seil darum geschwungen und die Burdi gebunden, dafür schlang man das Seilende durch die Triegja und zog nun mit aller Kraft das Seil an und verschlaufte es am Triegjuspitz; die Hewweri entfernte noch die losen Halme auf beiden Seiten und der Tregil schnitt mit dem Sackmesser neben dem Seil ein Kopfloch. Jetzt kam ein sehr heikler Moment: das Üffladu (d.h. mit der Burdi aufstehen); je steiler der Hang, um so einfacher ging es, aber man musste aufpassen, dass man nicht gleich wieder kopfüber den Hang runterpurzelte. Auf dem Bild befindet sich der Treger in einer eher flachen Wiese, deshalb wird ihm von einer zweiten Person aufgeholfen. Einmal aufgestanden, ging es nun Richtung Scheune, das konnten Wege von wenigen Metern bis zu einer Viertelstunde sein. Bei der Scheune angekommen, kletterte man die Leiter hoch und warf die Burdi durch den Iwurf (grosses, viereckiges Tor am Giebel der Scheune, im Lötschental wurde teilweise ein Stück Dach abgedeckt) in die Scheune, dort entfernten die Zetter das Seil und der Tregil kehrte zurück zur Wiese, um die nächste Burdi zu holen.

Wie schon gesagt, eine der heikelsten Arbeiten, war das Binden, dafür brauchte es Kraft. Ich erinnere mich; als 10 jähriger war ich mit meiner Schwester in der Milachra am Hewwu. Stolz hatte ich 8 Wische geladen, mit aller Kraft (aber zu wenig) die Burdi gebunden, stand auf, zog los Richtung Scheune, aber schon nach ein paar Metern rieselte das Heu um mich herum nieder und ich stand in einem losen Heuhaufen, das leere Seil in der Hand: di Burdi ischt zerkitt, eine absolute Schande für jeden Tregil.

Bürchen 1. 4. 20

Quelle: Die Foto rechts zeigt die Familie Vomsattel in Visperterminen beim Heuen; Fotograr ist Julian Vomsattel.


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