Bild und Geschichte
Alles was sie auf diesem Bild sehen, ist luftgetrocknet. Damit man Lebensmittel und vor allem Fleisch an der Luft trocknen kann, braucht es kühle Temperaturen (es darf aber nicht gefrieren) und eine niedrige Luftfeuchtigkeit. Diese Bedingungen finden wir in den Alpentälern des Wallis und Graubündens in den Monaten November, Dezember. Nach dum Metzgu werden also die verschieden Fleischstücke gewürzt, präpariert und getrocknet.
Zuerst möchte ich aber über etwas berichten, das auf dem Plateau fehlt: ubers Schaaflidji. Das Schaaflidji war eine luftgetrocknete Lammkeule (Gigot) zur damaligen Zeit, als es noch Schaffleisch gab (heutzutage gibt es ja nur noch Lammfleisch; ich habe keine Ahnung, wo die tausende von Schafe, die der Wolf nicht frisst, hinkommen!). Das Schaaflidji gehörte bei vielen nicht eigentlich zu den Grundnahrungsmitteln, er wurde viel öfter in geselliger Gemeinsamkeit im Keller bei einem Glas Eigunum verzehrt. Wir nannten denjenigen, der sich das Lidji unter das Kinn klemmte und mit einem scharfen Sackmesser mundgerechte Scheiben abschnitt, den Geigenspieler.
Ich schweife ab! Das es sich um ein neueres Foto handelt, sieht man daran, dass es sich um Vollfettkäse handelt. Unser Alpchees wurde früher mit entrahmter Milch hergestellt und schimmerte dann trocken und hart, ganz bläulich und schmeckte wunderbar salzig körnig. Heute ist dieser «Armeleutekäse» eine wahre Spezialität. Gefunden habe ich ihn vor 20 Jahren letztmals in Mund und einmal in Sardinien (nicht der Peccorino).
Daneben liegt ein Stück Hamma, die Schweinekeule, der Schinken wurde in Stücke zerteilt und dann luftgetrocknet; so richtig saftig, ziehe ich ihn noch jederzeit einem Parma, San Daniele oder Serrano vor.
Dann liegt da ein Stück Trochufleisch; es ist ein luftgetrocknetes Stück Rindfleisch, das man würzt und presst indem man es in eine Form bindet. Weil man es presst und bindet, heisst es auch «Bindenfleisch», und da man auch in Graubünden lufttrocknen kann, wurde es bald bei den Grüezibanausen zum «Bündnerfleisch». Nein, es ist und bleibt Bindenfleisch und kann eben so gut aus dem Wallis kommen. Heute gibt es Trockenfleisch von Pferd, Hirsch, Gams, Reh und sogar Schwein: ds Niisli.
Weiter geht es mit dem Späck: die Schweineseiten wurden als Ganzes gewürzt und getrocknet und der Speck war wirklich eines der täglichen, mit Ausnahme von Freitagen, der Fastenzeit und von Vigill, Grundnahrungsmittel par exellence. Er wurde in Streifen geschnitten und dann gitotzinot (gewürfelt). Die steinharte Speckhaut wurde sorgfältig aufbewahrt und kam dann später in die Suppe; sie hat nicht nur die Suppe verfeinert, sondern war auch ein begehrter Leckerbissen.
Zum Schluss möchte ich etwas über die Hüsswurscht sagen. Hauswurstrezepte gab es fast so viele wie Familien. In Ausserberg im allgemeine und bei meiner Mutter im Speziellen erinnere ich mich an: Schweinefleisch, weisser Speck, Rossfleisch (das hat man eigens zum Wursten in der deutschen Schweiz bestellt). Da Fleischwaren eine Mangelware war, hat man die Würste mit Lauch und Kartoffeln gestreckt und damit die Farbe trotzdem stimmte gab man noch Randen dazu. Gewürzt wurde mit Salz, Knoblauch, Pfeffer und geriebenen Korianderkörner. Das Käck (Brät) wurde gemischt und dann drei Tag in der Würze liegen gelassen, anschliessend in Därme abgefüllt und im Keller ubertrochnet. Nach 10 – 14 Tagen kamen die Würste dann ins Unnertach, man musst aber höllisch aufpassen, dass sie nicht gefroren. Landesweit bekannt für das Strecken des Fleisches waren die Saasini; Saaserwurst könne man auch am Freitag essen, spotteten wir. Hatte doch mal ein Saaser ein wunderbares Rezept, bei dem gab es ihm immer genau 100 Hauswürste, doch einmal passierte es, dass er am Ende nur deren 98 hatte. Er studierte und studierte, was er wohl vergessen hätte und plötzlich fiel es ihm ein: das Fleisch.
Bürchen, 31. 3. 20
PS 1: Natürlich liegt auf dem Brett auch Roggubroot, aber das scheint mir einen eigenen Artikel wert.
PS 2: Bitte keine Bestellungen, das Stillleben ist längst aufgegessen.
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