top of page
Suche
Autorenbildvolmar.schmid

Alpuchees


Bild und Geschichte 52

Dass die Alpen unterschiedlich bewirtschaftet wurden, habe ich schon in einer früheren Geschichte erklärt. Es gab die «Stafilalpa»; hier hat jede «Partii» für sich in einer eigenen «Alphitta» gewirtschaftet und das «Säntum» eine Genossenschaftsalpe, in der die Genossenschafter das Vieh von einem Sennen gemeinsam besorgen liessen. Aber auch in der «Stafilalpa» unterschieden sich die Käseproduktion. So hat z.B. im «Eril» (Alpe im Baltschiedertal) jede «Partii» für sich gekäst, so wurde in jeder bestossenen Alphütte jeden Tag ein Alpkäse produziert, dagegen haben andere Alpen, z.B. im «Raaft» (Alpe oberhalb Ausserberg) oder Wasenalp extra einen Senner oder eine Sennerin angestellt, zu ihr brachte man morgens und abends die Milch und sie wurde gemeinsam verkäst. So hat meine «Müemma» (Muhme, Tante) im «Eril» für die Familie und meine «Müeter» im «Raaft» als Sennerin gekäst und ich konnte ihnen über die Achsel gucken.

Die Milch des Vorabends wurde im Käsekeller in «Gebse» geleert und am anderen Morgen abgerahmt, die Morgenmilch kam nach dem Wiegen direkt ins «Chessi». Der Stolz der Alphütte war der grosse (bis 200 Liter) Kupferkessel, er hing am «Chessituro», dem «Turner» (Drehgalgen) über oder neben der «Trächa». Auf der «Trächa» (offen Feuerstelle) wurde ein Feuer entzündet und so konnte man je nach Bedarf das «Chessi» übers Feuer drehen oder eben wieder wegdrehen. Zunächst wurde die Milch auf 30 – 32 Grad erhitzt; meine Mutter brauchte dazu eine Arte Badethermometer, meine Muhme testete die Temperatur immer mit dem Ellenbogen. Jetzt gab man das «Cheeslob» (Lab) hinzu und liess die Milch gerinnen, das dauerte so ca. eine halbe Stunde, dann war das «Chessi» voll «Pfangilla» (eingedickte Milch). Diese Masse wurde nun mit der «Cheeshaarfa» (Käseharfe) zerschnitten, so entstand der «Bruch» (Käsebruch); es trennte sich die Käsemasse von der «Sirmunda» (Käsemilch). Jetzt wurde das «Chessi» wieder über das Feuer geschoben und das Ganze auf 35 – 58 Grad erhitzt, je höher die Temperatur umso mehr verlor die Käsemasse an Flüssigkeit und um so härter wurde der Käse. Wenn die Sennerin «ihre» Temperatur (das war ein wesentliches Element des persönlichen Käserezepts) erreicht hatte, nahm sie das «Cheestüechji» (Käsetuch, eine Art Gazestoff) vorne an zwei Ecken in die Hände und hinten in den Mund, schob das Tuch durch die «Sirmunda» und fing so den «Bruch» auf, schloss die Enden und hing es zum Abtropfen an einen Haken am «Turner». Grob abgetropft, schwang sie nun den Ballen hinüber in einen «Cheegäärb» (auch «Jäärb», runde, grössenverstellbare Holzform), presste die Käsemasse hinein, strich das Käsetuch glatt, legte ein Brett auf den Käse, zog die Form straff an und legte einen grossen Stein auf das Brett. Die Käse hatten immer das Gewicht von 4 – 5 Kilos (zwei Kilo schwerer in der Sennerei); gab es mehr als einen, wiederholte sich nun das Ganze. Sie lagen auf einem leicht schrägen Tropfbrett, in das eine Rinne eingeschnitzt war, die die abtropfende «Sirmunda» in ein darunter gestelltes Gefäss leitete. In Dorfsennereien wurde manchmal aus dieser Käsemilch noch «Ziger» hergestellt, oder man holte sie ab und verfütterte sie an die Schweine; manche benutzten sie auch als Getränk. War die Käsemasse genug ausgetrocknet, kam der grosse Moment für uns Kinder. Stein und Brett wurden entfernt, der Käse ausgepackt und die über die Käseform ragenden Stücke, «d Jugge» wurden abgeschnitten und an uns Kinder verteilt: jeweils ein köstlicher Genuss! Jetzt wurde der Käse gewogen und mit dem «Tintubliistift» beschriftet; dieses Gewicht war massgeben beim «Cheesteilu» oder bei Verkauf. Jetzt kam der Käse ins «Saalzbad» wo er zwei, drei Tage liegenblieb, um dann im Käsekeller zum «Riiffu» gelagert zu werden. Eine gute Sennerin hat ihn dann weiter alle zwei bis drei Tage «kcheert» (gedreht). Ende Sommer wurde er unter die Besitzer gemäss Anteil, wie im «Milchbüechji» vermerkt aufgeteilt.

Immer noch habe ich den Geschmack dieses leicht blau schimmernden, körnig würzigen Käses in meinem Gedächtnis gespeichert!

Bürchen, 5. Juni 20

Bildquelle: Mutter in der Alpe «Raaf» vor der Sennhütte

27 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page