volmar.schmid
Der Schatz uff der Burg[1]

Östlich va Raru hets zwei Hubla, der eerste ischt di „Burg“. Da het friejer di Burg va de Friiheerru va Raru, va der Famili Witschard, gstannu. Naa dem dasch dii Heerru 1414 (vgl. Saga vam Riedibrunno) verjagt und di Burg verbrännt heint, het der Bischof Mattääus Schiner uss der Höüptruina laa vam Ulrich Ruffiner an Chilcha buwwu. Är het uss dum groossu Kapitilsaal ds Chilchuschiff laa machu, wemmu i chunt, linggs mit dum a groossu Fresko vam Jüngschtu Gericht. Uff dem Bild gseet mu uf der rächtu Siita (zu meiner Linken) di Beeschu brännu und uff der linggu (zu meiner Linken) di güetu in du Himmil üfffaaru.[2] Tummerwiis feelt in der Mitti d Höüptpersoo, Chrischtus als richtunde Gott, de wenn d Chilcha fertig gsii ischt, het ds Dach wellu igchiiju, darum het der Ruffiner no schnäll zwei Sträbe miessu ibuwwu, wa das Dach träägunt und eini het är halt miesseu mitti im Bild verankru.
Item, der zweit Hubol ischt der „Heintnischbiel“, da heint schoo vor uurziite Mänschu gläbt, dass seit schoo der Namo, de heitnisch heisst im Wallisertiitsch nit nummu „vorrchrischtlich“ sonder öü „uuraalt“, so seit mu zum Biispill dum a aaltu Hiischi, „Heiduhüss“, dass sind dii mit dum „Heidugibil“ und seit mu in Täärbinu der eltschtu Wasserleita, der „Heido“.
Uff dum „Heitnischbiel“ sind de an parr Studäntjini vam Kolleegium Brig, heinta am a Samstag im Üsstag und Herbscht gääru ga Fäschtu. Daa ischt emmal der AaRi va RaRu und der Schami va Vischp gsii, schii sint zwei ganz vorneemi gsii, de beidi heint kRoosot, der weeR im Wallis eppis besseRsch het wellu sii, het miessu chRoosu odeR as bitzji Wälsch Redu. An parr Maal ischt öü ds Seppitooni vam Brigerbäärg derbii gsii. Schii heint zämughocket, an Butilla und Fläscha Eigunde gsuffu, gizellt und gsungu. Wesch de ein uber kcha heint, het ds Schami afa Dichtu und der AaRi va RaRu und der Sepitooni sind de ga umanandrechlättru.
Anmaal sintsch öü in de Felse vor der Chilcha am chlättru gsii, düe het der AaRi pletzli an schmali Felsuspaalta entdeckt, ds Seppitooni ischt müetig in denu Chlack gschliffu und so heintsch an unnerirdische Gang gfunnu. Langsam sintsch vorrwäärts und zerr an Poort cho, schii heint prubiert, schii ischt üffgangu, und de sintsch in an groossu Saal cho. In der Mitti ischt an groosse runde Tisch gsii; um denu um hets mächtigi Stiel kcha auf dene heint äschschugälbi Kärlini ghocket, agleiti wie Ritter; an Helm uff dum Chopf, mit Chettuhämmlinu, ärnschthaft heintsch gradüss glüeget, vor ine uff dum Tisch hets ds kotschtbaarscht Silbergschirr kcha in der Mitti goldigi Channe und mitti dri an wunderbar glänzunde Chelch. In der Schüel heintsch grad der Parziwall gläsu und drum ischt ne, wasch das gsee heint, der Graal z Si cho: Montsalvatsch, di Tafilrundi. Eerfürchtig erstarrt heintsch glüeget, an der Wand hets näbu verschidene Schilder di koschbaarschtu Gwänder kcha, und de zeigt ne eine va dene Ritter, schii selle icho und eis va dene Gwänder aleggu und schi z ine setzu. Daa ischt aber dene zwei der Schiss in d Hose und schii sint was gischt, was het a wägg. Wesch zrugg zu Schami chomunt, het das seelig gschlaafu, schi heint sus gweckt und im di Gschicht verzellt. Deer het jez öü wellu ga lüege und het agfangu, di eerschtu Versa vam Parzival üfftsägu, wan är grad het zer Straaf miessu leerru:
Ist zwîvel herzen nâchgebûr,
daz muoz der sêle werden sûr.
gesmæhet unde gezieret
ist, swâ sich parrieret
unverzaget mannes muot,
als agelstern varwe tuot.
der mac dennoch wesen geil:
wand an im sint beidiu teil,
des himels und der helle.
der unstæte geselle
hât die swarzen varwe gar,
und wirt och nâch der vinster var:
sô habet sich an die blanken
der mit stæten gedanken.
Di Kollegu heint mu gseit: „Schwigg jetz, mach kchei Krach!“ und de sintsch uff d Süech, aber um kcheis Gääld va der Wäält heintsch di Spaalta wider gfunnu; und öü kchei Mänsch het ne di Gschicht giglöübt.
Naa dem dasch der Saal öü mit dum Niwwbuww va der Felsuchilcha unner der Burg nit gfunnu het, müess mu derva üssgaa, dass di Graalsburg de halt doch nit in Raru steit, und das ds Ganza eifach an Sag ischt. Wie het miini Müeter gseit: „Wes nit waar ischt, iss de as Gschichtji!“
Brig, 1. April 2021
Bildquelle: Ludwig Imesch: Das Oberwallis im Bild. Rotten Verlag, Visp. 1980, Bd. 2, S. 166
Simultanübersetzung und Audio (auch des mhdt. Teils): hier
PS: Die Burgkicher von Raron ist eines der vielen Bauten (Ernen, Glis) des Prismeller Baumeister Ulrich Ruffiner und liegt hoch über der Ortschaft Raron am Kulturweg von Ausserberg über St. German nach Raron. Auf der Südseite der Burgkirche befindet sich das Grab des Dichters Rilke. In den 1960er Jahren wurde den Rarnern der mühsame Aufstieg zur Burgkirche zu viel und sie sprengten im Felsen unter der Burgkirche eine künstliche Höhle und errichteten mit der Felsenkirche eine einzigartige neue Kirche.
[1] Quelle: Historischer Verein von Oberwallis: WALLISER SAGEN. Zweiter Teil, DOGMA, Bremen, 2013. Faksimile, Moritz Tscheinen, 1872, S. 25 [2] Jüngstes Gericht, vgl. Apokalypse